Im Winter sind Vogelschützer mit der Hacke unterwegs

Aus der Taunus Zeitung vom 11.01.2000
Über die Glühweinfete am 8. Januar und die Arbeit der Vogelschützer im Winter

Von Annika Natus

Bei der Glühweinfete trafen sich NABU-Mitglieder und Gäste. Guido Tschulena (Dritter von links) betreut die Vereinsjugend.

Foto: Natus

Im Gegensatz zu vielen anderen Vereinen ist bei der Vogel- und Naturschutzgruppe Wehrheim im Winter besonders viel zu tun, dann müssen Vorbereitungen für den Frühling getroffen werden. Dazu sind die Mitglieder fast jeden Samstag mit Hacke und Spaten unterwegs. "Im Winter greifen wir am wenigsten in die Natur ein", erklärte Franz Josef Salzmann, Vorsitzender der NABU-Ortsgruppe Wehrheim. Doch auch die Naturschützer müssen sich gelegentlich von ihrer Arbeit erholen. Bei der traditionellen Glühweinfete, die auf dem Grillplatz am Schwimmbad stattfand, trafen sich am Wochenende Vereinsmitglieder und Spaziergänger zu einem gemütlichen Nachmittag am Feuer.
Bei den Wehrheimern ist die Glühweinfete bekannt und beliebt, immerhin findet sie bereits seit etwa 25 Jahren statt. Ursprünglich hatte sich die Vereinsjugend regelmäßig am ersten Samstag im neuen Jahr zum herstellen von Vogelfutter getroffen. Dazu wurde Rindertalg über dem offenen Feuer erhitzt und dieser anschließend mit Körnern angereichert. Die Kinder gossen diese Masse in tönerne Blumentöpfe und hatten auf diese Weise ein preiswertes Meisenfutter für den kalten Winter hergestellt. Schnell kamen die jungen leute auf die Idee, auch sich selbst etwas Gutes zu tun: Auf dem grill neben dem Talgtopf war noch genügend Platz für Würstchen. Erwachsene bereicherten das Treffen bald darauf mit Glühwein, und irgendwann traf man sich nicht mehr zum Anmischen von Vogelfutter, sondern zum gemütlichen Beisammensein.
über den warmen Punsch vergaßen die Vogelschützer aber auch diesmal nicht den Zweck ihres Vereins. Auf einer ausgelegten Liste, mit der gegen die rein ökonomisch Bewirtschaftung des Waldes protestiert werden soll, unterschrieben beim diesjährigen Fest immerhin mehr als die Hälfte der Gäste uns damit rund 80 Personen. Die Aktion wurde bundesweit von 17 Naturschutz-Organisationen unterstützt und läuft noch bis Ende Januar. Unterschriftenaktionen machen nur einen kleinen Teil der Arbeit der Vogelschutzgruppe Wehrheim aus. Die Mitglieder betreuen im Wehrheimer Umkreis rund 25 Biotope, davon sind 15 Feuchtbiotope, der Rest besteht aus Heckenstreifen und Gehölzen. Zudem kümmert sich die Naturschutzgruppe um einen Krötenschutzzaun zwischen Wehrheim und Obernhain. Hier hilft sie jährlich etwa 1000 Kröten über die Straße. Außerdem versucht die Vogelschutzgruppe, mit Hilfe von mehr als 200 Nistkästen bedrohte Tierarten anzusiedeln. Bei der Schleiereule hatten die Vogelschützer bereits Erfolg: War der Vogel vor wenigen Jahren noch aus Wehrheim verschwunden, so haben sich inzwischen wieder zwei Brutpaare niedergelassen und im vergangenen Jahr immerhin acht Junge zur Welt gebracht.
Manchmal stellen sich der NABU-Gruppe auch Schwierigkeiten in den Weg, gibt Salzmann vorsichtig zu. Gerade, was Feuchtgebiete betreffe, kämen sich Landwirte und Naturschützer schon einmal in die Quere. "Ich versuche immer, mit der Landwirtschaft im Konsens zu bleiben", sagte er "also keine Konflikte heraufzubeschwören." Dennoch hätten die Landwirte wohl Angst, dass die Naturschutzgruppe ihnen die Arbeit erschweren wolle, ihnen etwa Land wegnehme, meinte Salzmann. "Diese Angst ist aber völlig unbegründet", erklärte er. Der Vorsitzende wendet sich mit dem Wunsch, mehr Verständnis für die Natur aufzubringen, aber nicht nur an die Landwirte, sondern auch an Spaziergänger, Reiter, Radfahrer und Modellflieger. Der Mensch solle mehr Rücksicht nehmen, meinte er, etwa im Wald und auf den Wiesen, die Wege benutzen und keinen unnötigen Lärm machen.
Mit der Gemeinde, berichtete Salzmann weiter, komme die Naturschutzgruppe weitgehend gut klar: "Wir sind nicht immer mit Bürgermeister Michel konform, sind aber froh, dass wir ihn haben, weil er unsere Vorhaben meistens unterstützt." Die NABU-Gruppe plant, ein Feuchtbiotop am Wehrheimer Schwimmbad anzulegen. Auch hier hoffe man auf Unterstützung der Gemeinde. Bisher, sagte Salzmann, habe sie aber noch nicht ihre Zustimmung gegeben.